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2023-02-16 16:11:34 By : Mr. David Chen

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Der dampfende Außenpool sieht aus wie ein auf die Erde gefallener Himmel; so einer wie an diesem Wintertag, mit tief hängenden Nebelwolken, die sich um schneeweiße Häuser und dunkelgrüne Tannen schmiegen. Es ist mein erster Morgen im Hotel Leitlhof, ich schwimme ein paar Bahnen im Pool, während es schneit. Der kalte Himmel über, der warme Pool-Himmel unter mir, alles himmlisch, und vielleicht werden Sie gerade deshalb fragen: Wellnessurlaub, ernsthaft, in diesen Zeiten?

Vielerorts werden die Sekunden unter der Dusche gezählt oder Zimmer auf maximal 18 Grad geheizt; auch das Schwimmbad in Innichen, nur ein paar Meter vom Hotel entfernt, musste zu Beginn des Winters wegen der hohen Energiepreise schließen: ein öffentlicher Ort also, an dem Kinder schwimmen lernten. Oben auf dem Berg lagen derweil die Hotelgäste in heißen Saunen (zwei innen, zwei außen, mit Birken und Zirbenduft), im Solebad oder in den dampfenden Pools.

Nun ist es aber so, dass im Leitlhof die Entkopplung von der Außenwelt sogar als Teil der Lösung gilt, als Hoffnung einer neuen Urlaubsbewegung. Einer, die den Ausgelaugten ein abgeschiedenes Refugium zum Aufladen bietet – die Energie dafür allerdings selbst erzeugt. Diese Idee teilt das Hotel mit vielen anderen, die gerade jetzt nach regionaler und möglichst unabhängiger Versorgung streben; dem Leitlhof gelingt es schon besonders gut.

Das Hotel in Südtirol versorgt sich komplett autark, vor dem Haus steht dafür eine eigene Heizkraftanlage. Man hat den CO₂-Verbrauch je Gast in den vergangenen Jahren stark reduziert, von 78 Kilogramm pro Nacht auf zwölf. Das Haus wurde besser isoliert, die Speisekarte umgestellt, man sammelt Regenwasser und versucht, die Wärme möglichst effizient zu nutzen. Das macht unabhängiger vom Energiemarkt, dafür aber abhängiger vom natürlichen Klima.

An meinem ersten Morgen im Pool ist der Wellnessbereich leer, viele Gäste sind beim Wandern oder Skifahren. Für mich allein swirlt der Innenpool auf Knopfdruck. Im Ruheraum mit Panoramablick trinke ich Tee aus Südtiroler Bergkräutern und lese ein Buch.

Es ist für einen Wellnessurlaub die verkehrteste und gerade deshalb eine besonders passende Zeit: Man sehnt sich nach ein paar Tagen Ruhe vor schlechten Nachrichten, nach Abstand, Entspannung, frischer Energie. Andererseits, gelingt das gerade überhaupt: in eine Wohlfühlblase zu fliehen?

Später füllt sich der Ruheraum ein wenig, und ich sehe mich um: Die meisten Leute lesen, eine junge Frau checkt ihre Insta-Storys, ein Paar blättert gemeinsam in einem Politikmagazin. In der Lounge liegen Zeitungen aus, die Süddeutsche, L’Espresso, eine Männer-Modezeitschrift. Sogar der Wetterbericht, der zusammen mit der Frühstückskarte (Rührei, Spiegelei, Omelette, Waffeln und Crêpes) auf einem Blatt gereicht wird, kommt nicht mehr mit der Unschuld eines Small-Talk-Themas daher, weil er daran erinnert, dass hier in den Dolomiten längst die Gletscher schmelzen: "Vorschau für die nächsten Tage: wechselhaft".

Muss man einfach mal kurz vergessen, was da draußen los ist, um zu entspannen? Ehrlich gesagt: Es ergibt sich sowieso eine ganz eigene Realität, wenn man den ganzen Tag im Bademantel und mit hellgrünen Badelatschen herumläuft.

Plötzlich erscheint vieles im besten Sinn alternativlos: stundenlang nur herumzuliegen, dabei höchstens zum Fenster hinauszuschauen, über Hotelflure zu schlurfen, zwischendurch in die Außensauna zu gehen und darin mit Blick auf die Berge zu schwitzen – nach einiger Zeit fühlt sich das alles sehr okay an. Bis einem dann doch wieder einfällt, dass auf den Dolomiten draußen in diesem Winter viel weniger Schnee liegt als sonst.

Seit ein paar Jahren nennt sich das Vier-Sterne-Wellnesshotel Leitlhof nur noch Naturhotel, um unter den Gästen nicht die falschen Erwartungen zu wecken. Wer endlosen Luxus sucht, der wird ihn hier nicht finden, und der Leitlhof will ihn auch nicht bieten. Das funktioniert, sagt der Chef Stephan Mühlmann, auch als Motivation nach innen. Im Leitlhof arbeiten viele junge Leute, die darin eine Möglichkeit sehen, die Branche zu verändern. Das Küchenteam ist im Durchschnitt 28 Jahre alt, erntet das Gemüse vom hauseigenen Hof, kocht mit dem Fleisch der selbst gezüchteten Rinder. Die meisten Zutaten stammen aus der Region, aber nicht alle: Das hätten sie 2019 mal versucht, sagt Mühlmann, nur hätten dagegen die Gäste rebelliert (keine Avocados mehr!). Gerade die älteren Stammgäste hätten sich sowieso erst mal daran gewöhnen müssen, dass nicht alles immer verfügbar sei – und dass sie das im Leitlhof jetzt als Qualitätsmerkmal verstehen.

Einmal in der Woche, auch das ist neu im Naturhotel, führt Mühlmann seine Gäste durch das Holz-Blockheizkraftwerk. Man sieht dort eine große Ladung an Holzschnitzen, die dicken Rohre, man hört die Lüftung, riecht Holz und Öl und spürt förmlich, wie daraus Energie entsteht. Auf dem Dach ist eine Fotovoltaikanlage, deren Abwärme die Holzschnitze trocknet. Holz gilt in der EU als erneuerbarer Energieträger, doch wie umweltschonend er ist, steht zur Diskussion, weil das Abholzen auch dem Klima schadet. Mühlmann hat sich für Holz entschieden, weil es aus dem eigenen Wald kommt oder von Bauern aus der Region.

Ich stelle mir vor, wieviel dieser Luxus kosten muss, eigene Kraftwerk hin oder her, es können sich nur Reiche erlauben, somit ist es eine Milchmädchenrechnung, noch ein Trugbild

"Man versucht die Wärme möglichst effizient zu nutzen." Mit einem beheizten Außenpool im Winter. Was gibt es schließlich effizienteres?

Sie bringen es sehr sympathisch und völlig ironiefrei auf den Punkt. Das Leserfeedback ist auch sonst nicht überwältigend positiv und auch ich muss bei manchen Euphemismen im Text grinsen. Der Text bleibt ja sehr im Gefühligen, mich hätte schon auch der Deal (was kostet es und bekomme ich reellen gegenwert) interessiert.

Wie passt den "energieautark" und "Holz-Blockheizwerk" zusammen? Ist das etwa schnellwachsendes Holz vom Dach des Hotels??

Fair wäre (und deshalb unverständlich warum es fehlt) ist der Hinweis darauf, wer den Hotelaufenthalt gezahlt hat.

Sonst liest es sich wie ein advertorial…..

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